Familienpolitik im Parlament: Vorschau auf die Herbstsession 2019

Nach dem Ständerat wird der Vaterschaftsurlaub im Nationalrat debattiert. Die Initiative ‘Für einen vernünftigen Vaterschaftsurlaub - zum Nutzen der ganzen Familie’ verlangt, dass Väter einen gesetzlichen Anspruch auf einen mindestens vierwöchigen Vaterschaftsurlaub erhalten. Vor der Sommersession reichte die Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit des Ständerats einen indirekten Gegenentwurf ein, welcher einen zweiwöchigen Vaterschaftsurlaub vorsieht.

Im Ständerat strebt die Motion Müller einen flexiblen Elternurlaub an. Hierzu soll der bestehende Mutterschaftsurlaub von 14 Wochen durch einen 16-wöchigen Elternurlaub ersetzt werden. Im Regelfall wären die ersten acht Wochen nach der Geburt für die Mutter reserviert und die weiteren acht Wochen können flexibel und einvernehmlich auf die beiden Elternteile verteilt werden.

Im Nationalrat hat der Bundesrat die Vorlage ‘Steuerliche Berücksichtigung der Kinderdrittbetreuungskosten’ eingebracht, die maximalen Steuerabzüge bei der direkten Bundessteuer für die Kosten familienergänzender Kinderbetreuung auf 25'000 Franken zu erhöhen. Die Vorlage wurde zwischenzeitlich durch beide Räte abgesegnet. Zusätzlich sollte der allgemeine Kinderabzug von 6'500 auf 10'000 Franken erhöht werden. Der Ständerat ist im Gegensatz zum Nationalrat gegen diese zusätzliche Erhöhung, das Geschäft geht dadurch zurück an den Nationalrat.

Mit der Motion Zanetti soll der Bundesrat beauftragt werden, Lösungsvorschläge aufzuzeigen, die befristete Ersatzleistungen für Drittbetreuungskosten vorsehen, welche aufgrund einer krankheits- oder unfallbedingten Unfähigkeit zur Betreuung von betreuungsbedürften Personen anfallen. Die Motion berücksichtigt vor allem die Drittbetreuung von Kindern, aus welcher beträchtliche Kosten erwachsen können und für welche bis anhin keine gesetzlich adäquate Lösung vorgesehen ist. Das Geschäft wird im Ständerat behandelt.

Der Bundesrat hat die Botschaft zum Bundesgesetz über die Verbesserung der Vereinbarkeit von Erwerbstätigkeit und Angehörigenbetreuung ans Parlament überwiesen. Das Gesetz wird im Nationalrat debattiert. Es regelt die Lohnfortzahlung bei kurzen Abwesenheiten und schafft einen bezahlten Betreuungsurlaub für Eltern von schwer kranken oder verunfallten Kindern.

Ein weiterer Antrag des Bundesrats zur Änderung der Familienzulagen ist im Ständerat traktandiert. Arbeitslose Mütter, die eine Mutterschaftsentschädigung beziehen, sollen Anrecht auf Familienzulagen haben. Auch die Voraussetzungen für den Bezug von Ausbildungszulagen sollen angepasst werden. Weiter soll eine Gesetzesgrundlage für Finanzhilfen an Familienorganisationen geschaffen werden. Das Geschäft wurde im Nationalrat bereits gutgeheissen.

Die Kommission für Wissenschaft, Bildung und Kultur des Nationalrats hat die Motion ‘Massnahmen zur Verringerung der sozialen Selektivität‘ eingereicht, mit welcher der Bundesrat aufgefordert werden soll, in seiner nächsten Botschaft zur Förderung von Bildung, Forschung und Innovation Massnahmen zur Verringerung der sozialen Selektivität (z. B. Stipendien, Weiterbildung, Grundkompetenzen, höhere Berufsbildung, Sprachförderung) vorzusehen. Das Geschäft wird im Nationalrat behandelt.

Zwei traktandierte Geschäfte des Ständerats befassen sich mit dem Monitoring der Armutssituation und der Armutsprävention. Die beiden Vorstösse der Kommissionen für Wissenschaft, Bildung und Kultur sehen vor, dass das Programm gegen Armut fortgesetzt und dazu auch ein gesamtschweizerisches Monitoring aufgesetzt wird. Ferner soll geprüft werden, ob das Armutsrisiko bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen durch Bildungsmassnahmen gesenkt werden kann.

Der Bundesrat soll mit der Motion Eymann beauftragt werden, im Rahmen der Bildungszusammenarbeit mit den Kantonen und auf Basis des Ausländergesetzes zu prüfen und zu berichten, wie die frühe Sprachförderung vor Eintritt in den Kindergarten mithilfe des Bundes im ganzen Land umgesetzt werden kann. Gemeinsam mit der Motion Eymann wird im Ständerat die Standesinitiative ‘Integrationskosten’ debattiert. Der Kanton Thurgau reagiert damit auf einen Bundesgerichtsentscheid, welcher die Androhung einer Kostenfolge für Eltern, bei Nichtinanspruchnahme von Sprachfördermassnahmen, als nicht verfassungskonform erachtete. Der Kanton strebt daher eine Verfassungsanpassung an.

Drei weitere familienrelevante Geschäfte werden möglicherweise im Nationalrat – in Form einer Kurzdebatte – behandelt: Die Motion Feri sieht vor, dass der Bundesrat beauftragt wird, die geltenden ‘Werbebeschränkungen für Säuglingsanfangsnahrungen’, auf Folgenahrungen bis zum Alter von zwölf Monaten auszudehnen. Die Motion Kälin beabsichtigt, das Bundesgesetz über die Krankenversicherung so anzupassen, dass die Kostenbefreiung während einer Schwangerschaft ab der ersten, und nicht erst wie bisher ab der 13. Schwangerschaftswoche, greift. Mit dem Postulat Gugger soll der Bundesrat beauftragt werden, eine geeignete Strategie und ein Massnahmenpaket zu erarbeiten, mit welchen die Förderung der frühen Kindheit zugunsten frühkindlicher Bildung, Betreuung und Erziehung (FBBE) wirksam, zweckmässig und wirtschaftlich umgesetzt werden kann.

Schliesslich soll der Bundesrat durch die Motion Bischof beauftragt werden, den Bundesbeschluss zur Volksinitiative ‘Für Ehe und Familie – gegen die Heiratsstrafe’ aufzuheben. Im Vorfeld der Beratungen zur Initiative wurde mit falschen Informationen argumentiert. Das Bundesgericht hatte die Gutheissung der Abstimmungsbeschwerde zur Volksinitiative bestätigt. Das Geschäft wird im Nationalrat behandelt.

Es gilt zu beachten, dass die hier vorgestellten Sessionsprogramme und Tagesordnungen der eidgenössischen Räte noch Änderungen erfahren können.

Übersicht der Geschäfte in der Herbstsession 2019, welche die Familienpolitik betreffen: