Qualitative frühkindliche Bildung und Betreuung: Erkenntnisse der OECD TALIS Starting Strong Studie

Die frühkindliche Bildung und Betreuung für Kinder unter drei Jahren zeigt länderspezifische Unterschiede in Bezug auf Einschulungsraten, Struktur, Investitionen und Governance. Aber auch innerhalb der Länder selbst, können sich die frühkindlichen Erfahrungen je nach Art des Umfelds und je nach Betreuungspersonal unterscheiden.

Der Sektor der frühkindlichen Bildungs- und Betreuungseinrichtungen für Kinder unter drei Jahren wächst schnell, dennoch ist eine Mehrheit der Führungspersonen angehalten, Wartelisten für ihre Einrichtungen zu führen. Insbesondere der Personalmangel und Personalabwesenheiten beeinträchtigen gemäss den Leiter*innen der Einrichtungen in Dänemark, Deutschland und Israel die Wirksamkeit der Angebote. Die wachsende Nachfrage nach Kinderbetreuungsplätzen für Kinder unter 3 Jahren geht einher mit einer differenzierten Entwicklung von Arbeitskräften und Rahmenbedingungen, um diese letztlich angemessen zu befriedigen. Unterschiedliche Führungs- und Organisationsansätze sind dabei für den Sektor charakteristisch und tragen zur Variabilität der Angebotsqualität bei.

In Dänemark, Deutschland und Norwegen sind die meisten Kinder unter 3 Jahren in Einrichtungen der frühkindlichen Bildung und Betreuung eingeschrieben, die auch für Kinder im Alter von über drei Jahren offen sind. Die Zentren in Deutschland sind mit durchschnittlich 60 Kindern grösser als in Norwegen; allerdings haben die Zentren in Deutschland einen geringeren Anteil an Kindern unter 3 Jahren als die Zentren in Norwegen. In Israel ist die durchschnittliche Grösse der Zentren zwar ähnlich wie in Deutschland, doch werden in diesen nur Kinder unter drei Jahren betreut.

Die Ausbildung und die Rollen des Personals variieren innerhalb des spezifischen Settings. Während in den vier Ländern mehr als 95% der Mitarbeitenden gerne in einer Einrichtung der frühkindlichen Bildung und Betreuung arbeiten, fühlen sich weniger als 60% der Mitarbeitenden von der Gesellschaft geschätzt und etwa 30% oder weniger sind mit ihrem Gehalt zufrieden. In allen Ländern weist das Personal auf den Mangel an Ressourcen als bedeutende Stressquelle hin. Die Studie zeigt, dass die Charakteristika der Einrichtung und des Personals zwar sehr unterschiedlich ist, die Mitarbeitenden aber grossmehrheitlich engagiert sind.

In der alltäglichen Arbeit konzentrieren sich die Mitarbeitenden auf Praktiken zur Förderung der mündlichen Sprache und der sozio-emotionalen Entwicklung von Kindern. So teilen in allen vier Ländern die Mitarbeitenden die Ansicht, dass die Entwicklung mündlicher Sprachkenntnisse grundlegend ist, um Kinder auf die Zukunft vorbereiten zu können. Auch Praktiken zur Erleichterung prosozialen Verhaltens (z.B. Kinder ermutigen, wenn sie sich gegenseitig trösten) und emotionaler Entwicklung (z.B. Kinder umarmen) werden durch die Mitarbeitenden angewendet, während jene zur Unterstützung der Entwicklung von Lese-, Schreib- und Rechenkenntnissen in diesem Umfeld weniger häufig eingesetzt werden.

Basierend auf den Ergebnissen der Studie werden folgende politische Massnahmen zur Gewährleistung einer qualitativ hochwertigen frühkindlichen Bildung und Betreuung definiert:

  • Konzentration auf die Grundlagen der frühkindlichen Bildung und Betreuung
    Die wachsende Nachfrage in diesem Sektor muss mit Investitionen begleitet werden, die es ermöglichen, das Angebot zu erhöhen und dabei eine hohe Qualität zu gewährleisten.

  • Politiken entwerfen, die die komplexe Organisation des Sektors berücksichtigen
    Die Mitarbeitenden müssen befähigt werden, sich an die raschen Veränderungen bei Kleinkindern unter drei Jahren anzupassen, unabhängig vom Arbeitssetting.

  • Anerkennung des Betreuungspersonals als Fachleute
    Die Schaffung einer Belegschaft, die bereit ist, qualitativ hochwertige Bildung und Betreuung anzubieten, setzt voraus, dass alle Mitarbeitenden ihre Kompetenzen während ihrer gesamten beruflichen Laufbahn sowohl durch formelles als auch informelles Lernen entwickeln.

  • Qualitativ hochwertige Arbeitskräfte anziehen und halten
    Die Aufwertung des Berufsstandes durch attraktivere Arbeitsbedingungen wie angemessene Gehälter, weniger Stressquellen und berufliche Aufstiegschancen kann dazu beitragen, dieses Ziel zu erreichen.



Weitere Informationen
OECD (2020). Quality Early Childhood Education and Care for Children Under Age 3: Results from the Starting Strong Survey 2018.